Interview: Parfumkunst darf nie industriell sein

Datum: 22. Februar 2018 • Autor: Cosmoty.de Redaktion

Am 27. Juni ist „Welttag des Duftes“. Thorsten Biehl, Gründer und Betreiber von biehl. parfumkunstwerke, und will be a brand Gründer Sven Eric Moos haben nicht nur eine Meinung dazu, sondern auch einige weitere, konstruktive Vorschläge für die Duftwelt.


Der 27. Juni wurde von einem Duftunternehmer zum Welttag des Duftes erklärt. Braucht die Branche das?

Sven Eric Moos: Ich denke, so ein Tag sollte eher von einem nationalen oder internationalen Parfumverband ausgelobt werden und nicht von einem einzigen Unternehmen. Erst dann hätte der Tag Gewicht und Reichweite.

Thorsten Biehl: Wenn ein Unternehmen das macht, riecht es ein wenig nach individueller Vermarktungsmaßnahme. Andererseits ist der Anstoß gut, wir könnten so etwas brauchen. Aber noch besser wäre ein erweiterter Ansatz, eine „Geruchs-Bildung“ auch in Schulen oder Universitäten.

Was eigentlich ist ein Nischenduft? Und wem „gehört“ die Nische?

TB: Den Begriff „Nische“ betrachte ich fast als Abwertung, fast schade, dass sich das durchgesetzt hat. Besser ist der Ausdruck Parfumkunst. Parfumkunst gehört den Unternehmen, die kreative Umsetzung von Düften vornehmen, ohne sich den Zwängen von Marketing, Marktforschung und Markttests zu unterwerfen. Kunst ist meiner Meinung nach immer frei.

Nischendüfte sind extrem erfolgreich. Ist die Nische der neue Mainstream?

SEM: Nein. Nischendüfte sind sehr erfolgreich, aber die hohen Umsätze werden ja auch durch die gerechtfertigt hohen Preise generiert. Ein Nischenduft ist immer etwas Besonderes und zielt nur auf eine bestimmte Duftliebhabergruppe.

Wie kann die Nische es schaffen, Nische zu bleiben? Sollte sie es?

TB: Nische ist Parfumkunst. Man müsste also eine Definition für Parfumkunst schaffen.

SEM: Die kann ich liefern: inhabergeführtes Unternehmen, kleiner als 10 Mio. € Jahresumsatz, selektive Distribution, ein lebender und noch aktiver Parfümeur und branchenbekannt.

TB: So schnell kann’s gehen. Ich stimme zu. Parfumkunst muss aktuell, aber darf nie industriell sein. Nische ist Elite: Nicht jeder kann sich einen Duft für 150 Euro leisten. Was spricht gegen Mainstream?

SEM: Rein gar nichts, Mainstream ist völlig legitim für diejenigen, die günstige Produkte kaufen möchten. Parfumkunst ist für eine bestimmte Gruppe Menschen, die einen qualitativ hochwertigen Duft erwerben wollen, die das Besondere suchen oder schon gefunden haben.

Woran sollten sich Verbraucher orientieren?

TB: Erstens am gesunden Menschenverstand. Zweitens am guten Kundendienst des Handels und der Empfehlung des qualifizierten Verkaufspersonals. Und drittens finde ich Online-Blogs oder Foren aufschlussreich, zum Beispiel duftarchiv.de.

Wie unterscheiden sich Vertrieb und Markenführung von Nischendüften vom Mainstream?

SEM: In sehr vielem. Es gibt kein Millionenbudget für Marketing und Werbung, dafür wenig Personal und deswegen häufig auch keinen Außendienst. Es sind meist inhabergeführte Distributionen wie will be a brand, die ihren Grundsätzen treu bleiben und nicht unbedingt den Umsatz in den Vordergrund stellen. Und natürlich werden die Marken selektiv vermarktet und sind nicht an jeder Straßenecke erhältlich. Außerdem ist Parfumkunst beratungsintensiv – sowohl im Vertrieb als auch im Verkauf.

Wer bekannt wird, verkauft sich besser. Kann Popularität in der Branche schaden?

TB: Nein. Es ist doch wunderbar, wenn Parfumkünstler bekannt werden und Menschen sich ein echtes Kunstwerk leisten wollen.

SEM: Nein, sie schadet nicht. Solange man seinen Grundsätzen treu bleibt.

Nischendüfte online kaufen

Wie der Name schon sagt: AusLiebezumDuft. Der Online-Shop von Georg R. Wuchsa ist zur Institution im Nischengeschäft mit edlen Wässern geworden. Im großen Sortiment sind auch die Kunstwerke von Thorsten Biehl zu finden. Neben zahlreichen Pflege- und Make-upmarken, die nicht in jedem Laden zu finden, ist das kleine aber feine Parfumsortiment von Niche Beauty einen Blick wert.

Noch persönlicher = selbst kreiert!

Wer selbst einmal in die Arbeit des Parfumeurs hineinschnuppern möchte, bucht bei Frau Tonis Parfum in Berlin einen ‚Schnupperkurs‘, bei dem Man(n) oder Frau für ca. 130 Euro ihren ganz persönlichen Duft unter Anleitung herstellen kann. Oder man reist im MyParfum Duftatelier, ebenfalls in Berlin, während des Duft-Workshops in kleiner Gruppe in die magische Welt der Düfte – Preis ca 90,00 Euro.

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