Mode & Parfum: Parfumeure auf neuen Wegen

Datum: 22. Februar 2018 • Autor: Cosmoty.de Redaktion

Die Kunst der Parfümherstellung galt von jeher als Geheimwissenschaft. Jetzt wagen sich die Meisternasen aus ihren verschworenen Katakomben hervor und knüpfen zarte Bande mit anderen Disziplinen, zumal mit der Mode.

Jeder Ort, jeder Geruch und jedes Bild liefert dem Parfümeur Impulse und befeuert dessen Inspiration solange, bis der perfekte Duft im Flakon eingefangen ist. Eine unfehlbar gute Nase und feine Sinne sind unabdingbare Voraussetzungen für diesen Beruf. Den Meistern unter ihnen ist neben Imagination insbesondere Erinnerungsvermögen und wortschöpferische Ausdruckskraft gegeben: Emotionen verwandeln sie in olfaktorischen Hochgenuss, Substanzen hauchen sie Sinnlichkeit ein, Kreationen schmücken sie mit Fantasienamen.

Kreative Kreuzungen

Duftschöpfung ist eine Jahrtausend Jahre alte Tradition. Diese Erkenntnis gewannen auch die Absolventen des Seminars „Duftkonzepte“ der Universität der Künste in Berlin.

Die Studenten des Studiengangs „Mode und Produktdesign“ nahmen an einem bisher europaweit einzigartigen Pilot-Projekt teil, das in Zusammenarbeit mit dem größten Riechstoffhersteller der Welt, International Flavour & Fragrances (IFF), einen ungewöhnlichen Weg geht. Modedesigner in spe wurden hier mit der Welt der Düfte und olfaktorischen Besonderheiten vertraut gemacht. Kein Geringerer als IFF-Parfümeur Christophe Laudamiel vermittelte den Studenten nicht nur die Grundlagen der Parfümherstellung, sondern lehrte sie, interdisziplinär zu denken. Mode und Duft? Selbstverständlich! Beide Disziplinen bilden im Grunde eine Einheit. Das macht ja auch Sinn, denn zu einem schicken Outfit gehört im wahrsten Sinne ein duftiges Flair. Das Neue: Bisher inspirierte die Mode die Duftdesigner und trieb sie zu innovativen Kreationen an. Nun aber wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Angehende Design-Talente ersonnen Düfte und erarbeiteten eigenständig ein individuelles Parfüm-Konzept.

Verantwortlich zeichnete Kreativdirektor Sebastian Fischenich, der den Forschungsbereich Bekleidungs- und Textildesign an der Berliner Uni leitete. „Präzise Bilder und präzise Worte müssen für die Konzeption eines Duftes gewählt werden. Die Bilder, die die Absolventen unseres Studiengangs wählen, müssen mithilfe von Fotos, Zeichnungen und Worten in der Lage sein, genau das Gefühl, die Stimmung und den Geruch auszudrücken, der anhand des Briefings entstehen soll.“ So seine Auffassung. Die jungen Duftmacher waren angehalten, alle erdenklichen Mittel einzusetzen. So kreuzte ein Absolvent munter eine neongrüne Plastikdecke mit einer Porzellan-Tasse, ein anderer verband einen alten Turnschuh mit einem grünen Kaktus und wiederum eine angehende Designerin fertigte eine Skulptur aus Plastik an, garniert mit allerlei buntem Kitsch. Alsdann machte sich Chefnase Laudamiel ans Werk und konzipierte analog dieser Vorgaben das entsprechende Duft-Statement. Voilà: Gute Düfte leben eben von Individualität und Experimentierfreude.

Eine Frage des Charakters

Fischenichs Anliegen geht in die gleiche Richtung: „Die Studierenden sollten angeregt werden, eine größere Sensibilität für Parfüm zu entwickeln und die Parfümherstellung als Kultur begreifen lernen.“ Parfümentwicklung betrachtet er als eine Kunstform mit fachübergreifender Bedeutung.

Parfümeur Laudamiel stimmt zu: „Parfümeure halten traditionsgemäß alles geheim. Wir müssen offener werden. Mein Ziel ist, dass die jungen Leute hier spartenübergreifend rechtzeitig an Parfüm denken lernen.“ Sebastian Fischenich hat das vermeintliche Liebespaar „Mode und Parfüm“ schon lange im Visier und betrachtet dessen „Verkuppelung“ als persönliche Herzensangelegenheit.

Nach wie vor diktiert die Modebranche, welches Parfüm auf den Markt kommen soll. Ein Großteil wird von Modeunternehmen in Auftrag gegeben. Da bleibt wenig Platz für aussagekräftige und unabhängige Charakterdüfte. Das Hauptproblem sieht Fischenich in der Schnelllebigkeit der Modewelt, die auch die Duftentwicklung infiziere. Effekt: Die Düfte haben ein extremes Verfallsdatum.

Ein guter Duft braucht jedoch Zeit, da dessen Erstellung stets ein ausgefeiltes Briefing vorausgeht!

Verknüpfung von Innovation und Tradition

Einer der prominentesten Nasen des Unternehmens Symrise, Mark Buxton, überrascht: „Gute Parfüms müssen schockieren! In einem Duft muss etwas drin sein, das zuerst irgendwie stört, aber dann doch angenehm wird.

Der Duftmarkt lebt von sensiblen Nasen, von Querdenkern und Träumern. Aber auch von den Traditionalisten, die sich Werten verbunden fühlen. So hat der traditionsreiche Füllfederhalter-Hersteller MontBlanc Rosenduft- parfümierte Tinte auf den Markt gebracht in Anlehnung an die romantische Tradition der parfümierten Liebesbriefe.

Doch traditionsbewusst und gleichzeitig innovativ zu sein, kommt einem Balanceakt gleich. Im Trendbericht der Fragrance Foundation Deutschland heißt es: „Die Parfumeurskunst wird wieder stärker in den Fokus rücken. Kreativität wird der Weg in eine erfolgreiche Zukunft sein, – aber nicht als Nischenkreativität, sondern als echte Kunstfertigkeit, die Charakter für den Verwender harmonisch formulieren kann.“ Auch Riechstoffhersteller drom beobachtet eine „Rückkehr zu den schönen, edlen und teuren Rohstoffen“ sowie „eine höhere Qualität auf dem deutschen Parfüm-Markt bei einer Abnahme der Anzahl lancierter Parfüms.

Klasse ist in der Parfümbranche gefragter denn je. Die Liebesbotschaft des Duftes an die Mode sollte demnach von guten, alten Werten flüstern.

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